Geschichte


ZEITTAFEL

400 v. Chr. Kultstätten der Kelten in der Gegend von Gutenstein

ab 15 v. Chr. Besiedelung der Gegend

1195–1220 Burg Gutenstein wird von Babenbergerherzog Leopold VI. erbaut

1220 erste urkundliche Erwähnung von Burg und Pfarre

1282 Babenberger ausgestorben, Habsburger übernehmen

1321 Herzog Friedrich I. der Schöne erhebt Gutenstein zum Markt und wählt die Burg Gutenstein zu seinem liebsten Aufenthaltsort

1330 Herzog Friedrich I. der Schöne (als deutscher König Friedrich III.) stirbt auf der Burg Gutenstein

1487 Herrschaft des Ungarnkönigs Matthias Corvinus

1490 Habsburger gewinnen die Ländereien wieder zurück

1529 und 1532 übersteht Gutenstein die Türkeneinfälle relativ unbeschadet

1576 erwirbt die aus Spanien nach Österreich gekommene Familie Hoyos Burg und Herrschaft Gutenstein von den Habsburgern

1628 erhebt Kaiser Ferdinand II. die Hoyos’schen Besitzungen zur Grafschaft

1661 brachte der Marktrichter Sebastian Schlager ein wundertätiges Bild auf den Mariahilfberg

1679 wird mit dem Klosterbau am Mariahilfberg begonnen, der verzögert durch Pest und Türkeneinfall erst 1685 beendet wird

1688 wird die erste Wallfahrtskirche erbaut, die aber 1708 bis auf die Grundmauern niederbrennt

 

 

1727 wird die Wallfahrtskirche wieder aufgebaut
1671 beginnt die Familie Hoyos ihr Schloss zu bauen
ab 1825 kommt der Volksschauspieler und Dichter Ferdinand Raimund (1790-1836) regelmäßig nach Gutenstein, neben ihm auch viele andere Künstler des „Biedermeier“
1836 stirbt Ferdinand Raimund und wird in Gutenstein begraben
nach 1848 Umwälzungen in der Länderverwaltung, ist nicht mehr die Herrschaft sondern die Gemeinde verantwortlich
1877 die Gutensteiner Bahn wird eröffnet
19. Jhdt. Im Zuge der Industrialisierung siedeln sich Eisen verarbeitende Betriebe, Sägewerke und Kohlenmeiler in der Gegend an.
1912 wird die Gutensteiner Wasserleitung gebaut; Gutenstein entwickelt sich zum Fremdenverkehrsort
1918 d1. Weltkrieg: Die Bevölkerung erleidet große Entbehrungen, 48 Gutensteiner lassen an der Front ihr Leben, der Ort selbst bleibt von Kämpfen verschont
1945 2. Weltkrieg: An die 100 Gutensteiner Männer fallen an verschiedenen Fronten; das Gutensteiner Gebiet selbst stellt einen Teil der Front dar; Russische Soldaten verdrängen die Deutschen und übernehmen die Kontrolle über den Markt Gutenstein. Es kommt zu Kampfhandlungen im Markt
nach 1955 Besatzungsende: Wiederaufbau und Entwicklung von Gutenstein zu einem beliebten Fremdenverkehrsort
1993 erste Aufführungen der Raimundspiele im Bleichgarten
seit 1995 Meisterklassen Gutenstein (vormals Cartusiana)
seit 2000 Raimundspiele neu



Es wird vermutet, dass Kelten ca. 400 v.Chr. in der Gegend um Gutenstein Kultstätten hatten; das Gebiet selbst dürfte aber nicht besiedelt gewesen sein. Im 2.Jh.v.Chr. gelang es keltischen Stammesfürsten aus dem Stamm der Noriker größere Gebiete im Raum der Ostalpen zum Regnum Noricum zusammenzufassen und mit ihren mächtigen Nachbarn im Süden, den Römern, in freundschaftliche Beziehungen zu treten. Ab 15 v.Chr. eroberten römische Heere die Alpen- und Donauländer und errichteten die Provinzen Rätien und Pannonien. Die militärische Besetzung von Noricum erfolgte ohne Waffengewalt. Zweifellos wurde das Gebiet um Gutenstein zu dieser Zeit besiedelt, das beweisen römische Münzfunde in Waldegg aus den Jahren 1803–1805. Nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches in den Stürmen der Völkerwanderung (ab 375) zog die romanische Bevölkerung zum Teil ab und die mongolischen Awaren, slawische Stämme, und die germanischen Baiern rückten nach. Restbestände römischer Kultur blieben bestehen, ebenso das bereits zur Römerzeit verbreitete Christentum. Kaiser Karl der Große begründete die Awarische Mark zwischen Enns und Wienerwald, die Gebiete im Osten schlossen sich an und wurden von Passau aus missioniert. 976 begann mit Markgraf Luitpold die Herrschaft der fränkischen Babenberger in Österreich. 995 wurde Gutenstein der Diözese Passau zugeordnet. 1156 wurde Österreich von Kaiser Friedrich Barbarossa zum Herzogtum erhoben und reichsrechtlich von Bayern gelöst. Herzog Leopold VI. erbaute zwischen 1195 und 1220 die Burg Gutenstein (erste urkundliche Erwähnung von Burg und Pfarre 1220). Nach dem Aussterben der Babenberger (1246) kamen 1282 die österreichischen Länder nach dem Sieg Rudolfs von Habsburg über Ottokar von Böhmen an die Habsburger, so auch die Burg Gutenstein.

1321 erhob Herzog Friedrich I. der Schöne (ein Enkel Rudolfs von Habsburg) Gutenstein zum Markt. Dieses Marktrecht, von Herzog Rudolf IV. dem Stifter 1362 bestätigt, befreite von der Leibeigenschaft und garantierte das freie Bürgerrecht. Herzog Friedrich I. (als deutscher König Friedrich III.) und seine Gemahlin Isabella von Aragón (auch Elisabeth von Aragón genannt) wählten Burg Gutenstein zum Lieblingsaufenthalt. 1330 starb Friedrich auf der Burg und wurde auf seinen Wunsch in der von ihm begründeten Kartause Mauerbach begraben. 1487 kam Gutenstein (wie fast ganz Niederösterreich) unter die Herrschaft des Ungarnkönigs Mathias Corvinus, der in Wien residierte und einige Jahre zuvor auf der Burg Gutenstein gefangen gehalten wurde. Nach seinem Tod (1490) gewannen die Habsburger die verlorenen Gebiete wieder zurück. Die Türkeneinfälle in den Jahren 1529 (1. Belagerung von Wien) und 1532 überstand der Markt Gutenstein relativ unbeschadet.

Im Zuge der Türkenabwehr hielten sich 1532 Kaiser Karl V. und sein Bruder Ferdinand I., dem er die Regierung in den österreichischen Ländern übertragen hatte, in Wien auf. Mit Ferdinand war auch die Familie Hoyos aus Spanien nach Österreich gekommen und erwarb 1576 Burg und Herrschaft Gutenstein von den Habsburgern. Kaiser Ferdinand II. erhob 1628 die Hoyos'schen Besitzungen zur Grafschaft.

1661 brachte der Hammerschmied und Marktrichter Sebastian Schlager ein wundertätiges Marienbild auf den späteren Mariahilfberg (Buchschachen); eine Kapelle wurde gestiftet und auf Empfehlung von Kaiser Leopold I. die Serviten von Graf Johann Balthasar II. Hoyos als Wallfahrtsseelsorger berufen. 1679 wurde mit dem Klosterbau begonnen, verzögert durch Pest und Türkeneinfall (1683), erst 1685 vollendet wurde. 1688 erfolgte die Konsekrierung der neuen Wallfahrtskirche, die aber bereits 1708 einem Brand zum Opfer fiel. Dank einer Stiftung durch Philipp Josef Graf Hoyos wurde sofort mit dem Neubau begonnen (Konsekrierung 1727).

1671 begann die Familie Hoyos mit dem Bau von Schloss Gutenstein, der kurz vor der Jahrhundertwende vollendet war (Umbau 1816–18).

Ab 1825 kam der Volksschauspieler und Dichter Ferdinand Raimund (1790 - 1836) immer wieder nach Gutenstein. Neben Raimunds Freund Friedrich Gauermann besuchten auch viele andere Künstler des "Biedermeier" Gutenstein, wie Jakob Gauermann, Jakob und Rudolf von Alt, Josef Höger und Leopold Kupelwieser. 1836 stirbt Ferdinand Raimund und wird auf seinen Wunsch hin in Gutenstein begraben.

Von den Kämpfen der Revolution von 1848 blieb Gutenstein verschont. Als unmittelbare Folge der Revolution kam es aber zu großen Umwälzungen auf dem Gebiet der Länderverwaltung. Die Länder wurden in politische Bezirke und Gerichtsbezirke eingeteilt, die Gerichtsbezirke ihrerseits wieder in Gemeinden. So kam es auch zur Bildung der Gemeinde Gutenstein. Es dauerte Jahre bis diese Einrichtungen funktionierten und so kam es erst 1858 zur Errichtung des Bürgermeisteramtes in Gutenstein.

Im Zuge der Industrialisierung siedelten sich in Gutenstein Eisenverarbeitende Betriebe, sogenannte Hammerwerke an. Der wichtigste Rohstoff war Holz, aus dem Harzöl, Kolophonium, Firnisse, Balsam, Terpentinöl, etc. gewonnen wurde. Auch Sägewerke und Kohlenmeiler entstanden. Am 1. September 1877 wurde die Gutensteiner Bahn eröffnet, die von Wr. Neustadt durch das Piestingtal nach Gutenstein führt. Auch der Ausbau der Straße von Felixdorf durch das Piestingtal verstärkte das Entstehen von Industriebetrieben. Gleichzeitig ging die Zahl der bäuerlichen Betriebe deutlich zurück.

 

Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie und dem Ausbau der Straße wurde auch der Fremdenverkehr enorm angekurbelt. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden daher viele Gasthäuser in Gutenstein und manche Privathäuser bauten ein 2. Stockwerk, um den Urlaubern Sommerwohnungen zur Verfügung zu stellen. Auch trug der Fremdenverkehr zur Bildung von Vereinen bei: 1863 wurde der Männergesangsverein gegründet, 1874 die Freiwillige Feuerwehr, um 1900 eine Bürger-Musikkappelle u.v.m.

Bereits 1912 erhielt der Markt Gutenstein seine Wasserleitung und war damit auf dem Gebiet der Wasserversorgung allen anderen Orten im Piestingtal voraus. Die Zeit vor dem ersten Weltkrieg war also sehr produktiv in Gutenstein.

Während des ersten Weltkrieges verlor Gutenstein seine Bedeutung als Fremdenverkehrsort, eine natürliche Folge der allgemeinen Entbehrungen, verursacht durch Geldentwertung, Arbeitslosigkeit etc. war. Der erste Weltkrieg traf den Ort Gutenstein selbst bei weitem nicht so stark wie der Zweite. Dennoch ließen bereits in diesem Krieg 46 Männer aus Gutenstein ihr Leben auf dem Schlachtfeld.

Im 2. Weltkrieg starben an die 100 oder mehr Männer aus Gutenstein an der Front. Das Gutensteiner Gebiet selbst stellte 1945 einen Teil der Front dar. Am 26. April 1945 zogen die ersten russischen Verbände in den Markt ein, nachdem die von den Deutschen gesprengte Passtorbrücke wieder befahrbar gemacht worden war. Die deutschen Truppen hatten sich am 24. und 25. April vor allem ins Klostertal, Zellenbachtal, Urgersbachtal und auf den Mariahilfberg zurückgezogen. Die Russen trieben die 40 Mann der Waffen-SS vom Mariahilfberg ins Klostertal. So ergab sich bald folgender Frontverlauf, der annähernd bis zur Kapitulation am 8. Mai 1945 bestehen blieb: vom Unterberg über die Steinapiesting, Haselrast, Rohrerberg, Wegschaid, Urgersbach, Mamauwiese und weiter in Richtung Puchberg am Schneeberg. Der Markt Gutenstein befand sich also ab dem 26. April zur Gänze in russischen Händen.

Nach dem Abzug der deutschen in Richtung Westen und dem Einrücken der Russen, kam es im Markt Gutenstein zur Aufstellung russischer Geschütze und in der Folge zu einem Feuerwechsel zwischen Deutschen und Russen. Erstaunlicherweise blieben die Schäden an den Häusern dabei relativ gering. Völlig zerstörte, ausgebrannte Häuser – wie es sie z.B. in Piesting gab – hatte der Markt Gutenstein nicht zu beklagen, allerdings gingen einige Häuser im Klostertal in Flammen auf. 8 russische und 10 deutsche Soldaten fielen den Kampfhandlungen zum Opfer. 4 Morde an Zivilisten wurden dokumentiert.

Im letzten Stadium der deutschen Front wurden die Familien mit Kindern evakuiert, viele der anderen Einwohner zogen freiwillig mit den deutschen Soldaten nach Westen. Die meisten kehrten aber bald wieder in ihre Häuser zurück.

Während dieser ganzen Zeit kam es immer wieder zu Plünderungen, Diebstählen und Gewalthandlungen an der Zivilbevölkerung durch die Russen, aber auch durch die SS. Aus dem Gemeindearchiv verschwanden einige wichtige Dokumente, nur das Pfarrarchiv wies keine Schäden auf.

Nach dem Krieg brauchte es eine lange Zeit der Opferbereitschaft und der gesunden Zusammenarbeit aller, um zu einem normalen Leben zurückzufinden und Gutenstein zu dem zu machen, was es heute ist, ein blühender Fremdenverkehrsort, welcher aufgrund seiner historischen Entwicklung, seiner wundervollen Lage im Kalkvoralpengebiet und nicht zuletzt seiner Stellung in wirtschaftlicher Hinsicht zu einem Kulturzentrum des Biedermeiertales und einer beliebten Sommerfrische wurde.

Heute ist Gutenstein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer und Naturliebhaber und bietet neben seinen zahlreichen Sehenswürdigkeiten und seiner Stellung als Wallfahrtsort auch noch andere kulturelle Highlights, wie die jährlich im Sommer stattfindenden
Raimundspiele und die Meisterklassen Gutenstein.
 

 

Quellen: siehe Bibliographie; teilweise wurde wörtlich zitiert.